Samstag, 2. Mai 2020

NASA wählt drei Kandidaten für Entwicklung von bemanntem Mondlander aus

Zum ersten Mal seit Ende des Apollo-Programms macht sich die NASA daran, wieder eine Landefähre für bemannte Expeditionen zur Mondoberfläche zu entwickeln. Drei US-Unternehmen wurden ausgewählt, ihre jeweiligen Entwürfe in den nächsten zehn Monaten weiterzuentwickeln. Dafür stehen insgesamt 967 Millionen Dollar zur Verfügung. Danach, also irgendwann 2021, wird es voraussichtlich eine weitere Auswahlrunde geben und es werden Aufträge für die Durchführung von Demo-Missionen vergeben werden.

Die ausgewählten Firmen sind:

Blue Origin, zusammen mit Lockheed Martin, Northrop Grumman und Draper

Unter der Federführung von Blue Origin entsteht ein dreistufiges Landesystem:

Die Transferstufe, die den Mondlander in eine niedrige Mondumlaufbahn bringt, wird von Northrop Grumman entwickelt und basiert auf dem Cygnus-Raumtransporter. Dieser wurde von Orbital Sciences Corporation für Frachtflüge zur ISS entwickelt und eigesetzt (Orbital ATK wurde 2017 von Northrop Grumman geschluckt).

Die Abstiegsstufe wird von Blue Origin entwickelt und basiert auf dem Blue Moon getauften Prototypen eines Mondlanders mit seinem BE-7 LH2/LOX-Triebwerk, der in den letzten Jahren auf eigene Kosten von der Firma entwickelt wurde.

Die Aufstiegsstufe, mit der die Astronauten wieder vom Mond starten werden, wird von Lockheed Martin entwickelt und basiert auf der Orion-Kapsel (wenn auch nicht äußerlich).

Draper kümmert sich um Software und Steuerungssysteme.

Der Entwurf ähnelt dem Design der Apollo-Landefähre (Bild: Blue Origin)

Der Mondlander könnte sowohl in einem Stück von der NASA-Rakete SLS als auch stückweise von kommerziellen Trägern (New Glenn von Blue Origin oder Vulcan von ULA, beide noch in Entwicklung) auf eine Flugbahn zum Mond gebracht werden.

Das von Blue Origin geführte Team erhält 579 Millionen Dollar und damit den Löwenanteil der verfügbaren Mittel.


Dynetics

Die in Huntsville, Alabama, ansässige Firma führt ein Team aus 25 Subunternehmen an, darunter Sierra Nevada Corporation (arbeiten immer noch am Dream Chaser-Raumgleiter, Erstflug zur ISS voraussichtlich Ende 2021), Thales Alenia Space Italy (einer der wichtigsten Satellitenhersteller und am Bau zahlreicher ISS-Module beteiligt) oder Maxar (entwickelt derzeit das erste Modul für die Gateway-Station der NASA). Dynetics selbst ist auch an der Entwicklung von SLS und Orion beteiligt, hat aber noch nie ein bemanntes Raumfahrtsystem als führendes Unternehmen entwickelt. Die Firma enthält für ihr Konzept eines einstufigen Mondlanders 253 Millionen Dollar.

Besonderheit des Dynetics-Entwurfs: Der Ein- und Ausstieg befindet sich nur ca. zwei Meter über der Oberfläche (Bild: Dynetics)


SpaceX

Überraschenderweise konnte sich auch SpaceX einen Auftrag sicher, obwohl das Unternehmen von Elon Musk sein Starship-System – in modifizierter Form – als Lander vorschlägt. Dieses ist als Mondlander eigentlich überdimensioniert, wurde es doch in erster Linie als Schiff entworfen, das den Aufbau einer Marskolonie ermöglichen soll. Und gegenüber den Entwürfen von Dynetics und Blue Origin oder auch der Orion-Kapsel der NASA erscheint es geradezu riesig. Dennoch: 135 Millionen Dollar gehen an SpaceX.

Die wahren Größenverhältnisse (Bilder: Dynetics, Blue Origin, SpaceX)

Starship soll für Mondlandungen zusätzliche Triebwerke etwa auf halber Höhe des Rumpfs erhalten (möglicherweise SuperDracos) und diese zur Landung nutzen, zumindest für die letzte Flugphase unmittelbar vor dem Aufsetzen. Damit ist eine, insbesondere von Robert Zubrin immer wieder geäußerte Sorge, die Starship-Haupttriebwerke könnten bei der Landung einen gewaltigen Krater auf der Mondoberfläche hinterlassen, aus der Welt. Starship wird für seinen Einsatz auf dem Mond ohne aerodynamische Steuerungselemente und ohne Hitzeschild auskommen – schließlich gibt es dort keine Atmosphäre. Auch wird das Mond-Starship weiß gestrichen sein um mehr Sonnenstrahlung zu reflektieren.

Landemanöver mit seitlich in die Hülle integrierten Triebwerken (Bild: SpaceX)

Starship wird im Erdorbit aufgetankt werden (von anderen Starships), bevor es zum Mond starten und dann zwischen Mondoberfläche und Gateway bzw. Orionkapsel hin- und herpendeln wird. Es ist wiederverwendbar, wie auch der Lander von Dynetics und die Aufstiegsstufe des Blue Origin-Entwurfs.

 Starship-Mondlander im Vergleich mit der unbemannten Standard-Version für den Satellitentransport, Saturn V, SLS und Falcon 9 (Grafik: reddit-Nutzer DoYouWonda)


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