Donnerstag, 24. Oktober 2019

SpaceX- und Blue Origin-Update

Starlink-Satellitenkonstellation soll 2020 Betrieb aufnehmen

SpaceX-Präsidentin und COO Gwynne Shotwell sagte vorgestern (22. Oktober) im Gespräch mit Journalisten, dass das Unternehmen plane, bereits nächstes Jahr einen rudimentären Service für Nordamerika anzubieten. Dafür bräuchte es sechs bis acht Missionen mit Falcon 9, bei denen jeweils ca. 60 Starlink-Satelliten ins All gebracht werden. Für eine globale Abdeckung wären 24 Missionen nötig.

Nach derzeitigen Planungen wird die Konstellation am Ende 12.000 Satelliten umfassen, die schnellen Internetzugang an jedem Punkt der Erdoberfläche ermöglichen sollen. Zum Vergleich: Seit Sputnik im Jahr 1957 wurden knapp 9000 Satelliten in eine Umlaufbahn geschossen. Ca. 5000 davon befinden sich noch immer im Weltraum und weniger als 2000 funktionieren noch. SpaceX schickt sich also an, die Zahl der aktiven Satelliten im Alleingang mindestens zu versechsfachen.

Der Schwerpunkt bei Starlink liegt dabei vor allem auf bislang gar nicht oder unzureichend erschlossenen (also ländlichen) Regionen. In Ballungsgebieten wird Starlink wohl nicht mit traditionellen Internetanbietern konkurrieren können. Jedenfalls war das bislang die allgemeine Überzeugung.
Allerdings wurde Mitte Oktober bekannt, dass SpaceX bereits jetzt über eine langfristige Aufstockung um weitere 30.000 Satelliten nachdenkt, mit denen dann eventuell auch Städte effizient versorgt werden könnten.

Außer dem Aufbau ihres Satellitennetzwerks arbeitet SpaceX auch an der Entwicklung von Empfangsgeräten für private Endkunden. Firmenchef Elon Musk hat einen entsprechenden Prototyp in seinem Haus und nutzte ihn vor ein paar Tagen, um darüber eine Testnachricht via Twitter abzusetzen.



Was diese Geräte bzw. der Service am Ende kosten werden, steht noch nicht fest.

Neben SpaceX planen auch OneWeb, Amazon und Telesat eigene Internet-Satellitenkonstellationen.


Army als möglicher Kunde für Starlink und Starship?

Die Air Force testet bereits seit letztem Jahr die Nutzung von Starlink, um damit Daten an ihre Flugzeuge in der Luft zu senden bzw. von dort zu empfangen. Bei einem ersten Test wurde immerhin eine Übertragungsgeschwindigkeit von 610 Mbit/s erreicht. Zum Vergleich: die durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit in Deutschland liegt im Jahr 2019 bei ca. 70 Mbit/s.

Neben der Air Force könnte sich auch die US-Armee für Starlink interessieren, ebenso für die neue Riesenrakete Starship. Jedenfalls machte Shotwell auch hierzu eine entsprechende Aussage, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Möglicherweise könnte die Army Starship nutzen, um damit in kürzester Zeit Truppen und Ausrüstung um den Globus zu tranportieren.

Starship in seiner aktuellsten Version (Bild: SpaceX)


Blue Origin arbeitet bei Entwicklung von Mondfähre mit etablierten Firmen zusammen 

Blue Origin bewirbt sich für den Auftrag, den Lander für die geplante Rückkehr amerikanischer Astronauten zum Mond im Jahr 2024 zu konstruieren. Dafür hat man sich nun namhafte Verstärkung geholt: Lockheed Martin, Northrop Grumman und Draper sollen helfen, den äußerst ehrgeizigen (und angesichts der fehlenden politischen Unterstützung wohl schlicht unrealistischen) Zeitplan einzuhalten.

Die Arbeitsteilung wird dabei wie folgt aussehen: Blue Origin wird die Abstiegsstufe des Landers wie im Rahmen ihres Blue Moon-Projekts bereits begonnen, entwickeln und das gesamte Projekt leiten. Lockheed Martin kümmert sich um die Aufstiegsstufe, Draper um die Software und Northrop Grumman schließlich baut eine kleine Transfereinheit, die den Transport der eigentlichen Mondfähre von der Gateway-Station der NASA in eine niedrige Mondumlaufbahn übernimmt.

Der ursprüngliche Entwurf von Lockheed Martin...

...und was in der Kooperation mit Blue Origin davon noch übrig ist (Bilder: Lockheed Martin)

Unternehmenschef Jeff Bezos bei der Präsentation des Blue Moon-Landers im Mai (Bild: Blue Origin)


Freitag, 18. Oktober 2019

NASA-Mondprogramm stolpert voran

Trotz höchst ungewisser Finanzierung vergibt die NASA einen neuen milliardenschweren Auftrag an Boeing. Unklar ist, ob es dabei in erster Linie um eine Mondlandung im Jahr 2024 oder Arbeitsplätze und Gelder für Alabama geht.

Der Vorsitzende des unter anderem für die NASA zuständigen Haushaltsausschusses des Repräsentantenhauses, José Serrano (Demokraten), hat sich negativ über das von der Trump-Regierung ausgegebene Ziel einer bemannten Mondladung im Jahr 2024 geäußert. Er befürwortete stattdessen den ursprünglichen Plan für eine Landung im Jahr 2028.
Die geschätzten Mehrkosten für eine vorgezogene Deadline belaufen sich auf ca. 30 Milliarden Dollar, einen entsprechenden Budgetplan von der Raumfahrtbehörde gibt es aber noch immer nicht.

Serrano sagte, Schnelligkeit dürfe nicht auf die Kosten von Sicherheit und Qualität gehen und verlangte, dass die NASA Auskunft geben müsste, welche anderen Projekte geopfert werden müssten, um das Mondprogramm zu finanzieren. Es ist praktisch ausgeschlossen, dass der Kongress die Extrakosten komplett mit frischem Geld finanziert.

Derweil hat die NASA einen Auftrag an das wichtigste Unternehmen des SLS-Projekts, den Luft- und Raumfahrtriesen Boeing, vergeben. Bis zu zehn SLS-Zentralstufen sollen gebaut werden, und das auf "cost-plus"-Basis. Bei cost-plus contracts handelt es sich um Aufträge, bei denen die beauftragte Firma der Regierung sämtliche Kosten in Rechnung stellt, auch wenn sie höher ausfallen, als ursprünglich geplant. Zuzüglich erhält das Unternehmen eine Zahlung in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Gesamtkosten. Diese Art von Aufträgen kann sinnvoll und angebracht sein, wenn es um sehr innovative Projekte geht, bei denen praktisch von Anfang an klar ist, dass es zu Kostensteigerungen kommen wird. Anders sieht es aus, wenn es um althergebrachte Technik wie beim SLS-Projekt geht. Die Rakete besteht aus Komponenten des Shuttlesystems, die in den 70er Jahren entwickelt und sehr ausgiebig getestet wurden. Es ist nicht einsehbar, warum es dafür einen Auftrag auf cost-plus-Basis braucht, zumal die Entwicklung des Mondlanders, die wohl eine größere Herausforderung darstellt, über Verträge mit einer vorher festgelegten Kostendecke erfolgt. Der Unterschied: Boeing hat eine enorm starke und einflussreiche Lobby in der Politik, die der NASA ihren Willen aufzwingen kann.

Ob die NASA selber an ihr Mondprogramm glaubt, darf auch bezweifelt werden. Selbst Behördenchef Bridenstine klingt dazu nicht übermäßig optimistisch. Und sollte der neue Plan dieses Jahr im Kongress durchfallen, ist die Deadline sowieso nicht zu machen.