Freitag, 31. März 2017

SpaceX gelingt erstmals Wiederverwendung von orbitaler Trägerrakete

Zum ersten Mal in der Raumfahrtgeschichte wurde die Hauptstufe eines orbitalen Trägers wiederverwendet: Eine bereits geflogene Falcon 9-Hauptstufe startete gestern erneut ins All und landete anschließend auf einer Seeplattform im Atlantik.

Damit ist bewiesen, dass es grundsätzlich möglich ist, orbitale Trägerraketen wiederzuverwenden. Seit Dezember 2015 war es SpaceX bereits achtmal gelungen, die erste Stufe der Falcon 9 zu landen; entweder an Land oder auf einer unbemannten, schwimmenden Plattform im Meer. Was noch fehlte war die tatsächliche Wiederverwendung einer auf diese Weise rückgeführten Stufe, um damit alle Zweifel auszuräumen, dass sie den Belastungen eines erneuten Fluges würde standhalten können. Firmenchef Elon Musk war anzumerken, für wie bedeutend er diesen Schritt hält, als er nur Minuten nach der erfolgreichen Landung eine improvisierte Ansprache hielt.

Bei genauem Hinschauen erkennt man die nicht vollständig beseitigten Rußspuren auf der Hauptstufe von ihrem ersten Einsatz im April 2016 (Bild: SpaceX)

Auch auf der Pressekonferenz nach Abschluss der gesamten Mission (Hauptziel war der Transport eines Kommunikationssatelliten von SES in eine geostationäre Umlaufbahn) betonte Musk erneut, für wie wichtig er die Wiederverwendbarkeit von Trägersystemen hält und gab auch direkt das nächste Ziel aus: Neustart einer geflogenen Stufe innerhalb von 24 Stunden.

Falcon 9 auf dem Weg ins All, aufgenommen aus ca. 45 Kilometer Entfernung (Bild: reddit-Nutzer Angle1555)


Außerdem wurde bekanntgegeben, dass das Rückführsystem für die Nutzlastverkleidung, das bei diesem Flug zum ersten Mal getestet wurde, wie geplant funktioniert hat: Die beiden Verschalungen wasserten intakt im Atlantik. Damit ist die einzige verbleibende Wegwerf-Komponente der Falcon 9 die Oberstufe. Überraschenderweise kündigte Musk an, dass diese nun doch wiederverwendbar gemacht werden soll, nachdem SpaceX zuvor von diesen Plänen abgerückt war und volle Wiederverwendbarkeit erst für das neue ITS-System in Aussicht gestellt hatte. Apropos: Neue Informationen zur Marsrakete ITS soll es vielleicht schon nächsten Monat geben.

Rechts im Bild: Eine Gitterflosse beginnt beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu glühen. Sie sollen in Zukunft aus hitzebeständigem Titan gefertigt werden, statt aus Aluminium. (Bild: SpaceX)

Auch zur immer wieder verzögerten Falcon Heavy hatte Musk Neuigkeiten. Man plane den ersten Start nun im Spätsommer. Als Seitenbooster werden dabei bereits geflogene Falcon 9-Stufen zum Einsatz kommen.

SpaceX plant für dieses Jahr bis zu sechs weitere Missionen mit wiederverwendeten Boostern.

Was macht die Konkurrenz?

Musk erwartet, dass durch Wiederverwendbarkeit die Kosten für Raumflüge längerfristig drastisch gesenkt werden können, um den Faktor 100 und mehr. Daher stellt sich die Frage, wie die anderen Anbieter für Satellitenstarts weltweit auf diese Herausforderung reagieren werden.

In Europa wird derzeit die Ariane 6 entwickelt, die um das Jahr 2020 zum ersten Mal starten soll. Dabei handelt es sich allerdings zuerst einmal um eine reine Wegwerf-Rakete, die eventuell später für partielle Wiederverwendbarkeit weiterentwickelt werden könnte (s. Adeline). Fragt sich, ob es bis dahin nicht schon zu spät sein wird und Europa seine Starts massiv mit Steuergeldern wird subventionieren müssen, um im Geschäft zu bleiben.

Russland: Seit einigen Jahren plagen die russische Raumfahrtindustrie Mängel in der Qualitätskontrolle, die zu einem Abfall der Verlässlichkeit geführt haben. Mehrere Fehlschläge in den letzten Jahren zeigen die Probleme deutlich. In puncto Wiederverwendbarkeit existiert hier das Konzept für den Baikal-Booster. Es ist unklar, inwiefern dieses Projekt noch aktiv ist.

In den USA wird von ULA, dem von Lockheed Martin und Boeing gemeinsam geführten Joint Venture die Vulcan-Rakete entwickelt, die wie Ariane 6 anfangs nicht wiederwendbar sein wird. Langfristig aber soll zumindest das Triebwerkssegment wiederverwendbar gemacht werden.

Angeblich arbeitet mittlerweile auch China an wiederverwendbaren Trägern. Dabei scheint derzeit die Verwendung von Fallschirmen geplant zu sein. SpaceX hatte diesen Ansatz erprobt aber nach mehreren Fehlschlägen verworfen.

Update: Musk schreibt heute auf Twitter, dass beim ersten Flug der Falcon Heavy eventuell auch gleich noch die Rückführung der zweiten Stufe getestet werden soll. Die Oberstufe müsste dafür umfassend modifiziert werden. Sollte SpaceX nicht schon länger im Geheimen daran arbeiten, ist es unwahrscheinlich, dass dieses ohnehin äußerst schwierige Vorhaben schon in diesem Jahr verwirklicht werden kann.




Donnerstag, 30. März 2017

Space Art

Zur Einstimmung auf den SpaceX-Raketenstart heute Abend (bzw. heute Nacht europäischer Zeit) hier ein paar künstlerische Raumfahrtvisionen für die nächsten Jahrzehnte, gefunden im Netz:


(Bild: Erik van Helvoirt)

(Bild: Stanley von Medvey)

(Bild: Stanley von Medvey)

(Bild: Aaron Whitehead/Hazzard65)

(Bild: Stanley von Medvey)


Dienstag, 7. März 2017

Update zu Blue Origins Trägerrakete New Glenn

Amazon-Chef Jeff Bezos hat auf der Fachkonferenz Satellite 2017 in Washington den ersten Kunden für die neue Rakete seines Raumfahrtunternehmens Blue Origin präsentiert: den französischen Satellitenbetreiber Eutelsat.

Außerdem wurde bekannt, dass Blue Origin das erste BE-4-Triebwerk fertig gestellt hat, das einmal New Glenn ins All befördern soll. Zwei weitere Examplare sind demnach im Bau. Blue Origin arbeitet bereits seit 2011 an dem methangetriebenen Raketenmotor. Auch die neue Vulcan-Rakete von ULA wird voraussichtlich dieses Triebwerk nutzen.

Das erste fertig montierte BE-4-Triebwerk (Bild: Blue Origin)

Die erste Stufe von New Glenn soll wiederverwendbar sein und ähnlich der Hauptstufe der Falcon 9 von SpaceX vertikal auf einer schwimmenden Plattform vor der Küste landen. Die Parallelen zum SpaceX-System sind in dieser ebenfalls neu vorgestellten Computeranimation jedenfalls nicht zu übersehen.


Die New Glenn-Rakete scheint seit der Vorstellung im September des letzten Jahres noch Designänderungen durchlaufen zu haben; insbesonderen die großen Seitenflossen am Heck sind neu.

Neues Bild (links) und Präsentation vom September 2016 (rechts) (Bilder: Blue Origin)

New Glenns Nutzlastkapazität wird mit 45 Tonnen in eine niedrige Erdumlaufbahn angegeben, vergleichbar der Falcon Heavy von SpaceX. Blue Origin plant den ersten Start für 2020.


Donnerstag, 2. März 2017

SpaceX kündigt bemannte Mondumrundung für 2018 an

Wie das Unternehmen von Elon Musk am Montag bekanntgab, sollen zwei Privatleute Ende nächsten Jahres zum Mond fliegen: an Bord der Dragon 2-Kapsel, ins All befördert von einer Falcon Heavy-Trägerrakete.

Die zukünftigen Astronauten (und wahrscheinlichen Milliardäre) seien von sich aus auf SpaceX zugekommen und hätten bereits eine größere Anzahlung für den touristischen Mondflug geleistet. Inzwischen gebe es auch andere Interessenten für derartige Missionen.

Sollte es tatsächlich bei dem Zeitplan bleiben, würde die Mission praktisch genau 50 Jahre nach Apollo 8 (Dezember 1968) stattfinden, der ersten bemannten Mission zum Mond überhaupt.

Bislang sind allerdings weder Falcon Heavy noch Dragon 2 praktisch erprobt. Der Schwerlastträger soll nach einer langen Reihe von Verzögerungen in diesem Sommer zum ersten Mal starten, die bemannte Version der Dragon-Kapsel ab dem nächsten Jahr Astronauten zur ISS befördern.

Dragon-Kapsel im Erdorbit (Bild: SpaceX)

Erst kürzlich wurde bekannt, dass die NASA ihrerseits erwägt, mit dem ersten Flug der neuen SLS-Rakete Astronauten zum Mond zu schicken. Bislang war für 2018 nur ein unbemannter Testflug von SLS und Orion-Kapsel geplant gewesen. Die Anweisung, die Möglichkeit einer bemannten Mission zu untersuchen, kam von der Trump-Regierung.

Ob NASA und SpaceX somit nun in direkter Konkurrenz zueinander stehen und sich quasi einen Wettlauf zum Mond liefern werden, sei dahingestellt. SpaceX-Chef Elon Musk jedenfalls betonte auch diesmal wieder, wie sehr man der Raumfahrtbehörde verbunden sei. Trotzdem wäre es für die NASA ohne Frage peinlich, wenn eine private Firma ihr zuvorkommen sollte. Insbesondere die politische Unterstützung für SLS/Orion könnte hierdurch erschüttert werden.