Sonntag, 17. Januar 2021

SN8/SN9/Super Heavy/SLS

SN8-Test

Am 9. Dezember gelang SpaceX mit einem seiner Starship-Prototypen erstmals ein Testflug in große Höhe. SN8 stieg langsam bis auf eine Höhe von 12,5 Kilometern und schaltete dabei ein Raptor-Triebwerk nach dem anderen aus, um den Schub zu verringern. Daraufhin fiel das Vehikel in "Bauchlage" zur Erde zurück, wobei es über die Bug- und Heckflossen stabilisiert wurde. In geringer Höhe über dem Startkomplex wurden die drei Triebwerke erneut gezündet, um SN8 für das Landemanöver wieder in die Vertikale zu bringen. Unglücklicherweise war der Druck in einem der Tanks zu gering, was dazu führte, dass eines der Triebwerke auf den letzten Metern nicht mehr die erforderliche Leistung liefern konnte und der Prototyp im Moment des Aufpralls explodierte. 

 


 

Dennoch kann der Test als Erfolg angesehen werden, da gleich beim ersten Versuch die Aufstiegs- und vor allem die neuartige Abstiegsphase in der Horizontalen erfolgreich verliefen. Und da SpaceX seine Starship-Prototypen quasi am Fließband produziert, ist es hinnehmbar, wenn ein besonders ehrgeiziger Test hin und wieder in einem Feuerball endet: ein halbes Dutzend neuer Testvehikel sind bereits in Arbeit.

 

Musks neue Idee für Super Heavy

Auch die Super Heavy genannte erste Stufe (oder Booster) des Starship-Trägersystems nimmt seit einiger Zeit Gestalt an. Ein erster Prototyp wird derzeit in der so genannten high bay (ein gut 80 Meter hoher Hangar auf dem SpaceX-Gelände in Boca Chica, Texas) aus Ringsegmenten zusammengesetzt, ähnlich wie die Starship-Prototypen. Dieser Booster erfüllt die gleiche Funktion wie die erste Stufe der Falcon 9: die Oberstufe aus der Erdatmosphäre hinauszutragen und auf eine Geschwindigkeit von meheren tausend Stundenkilometern zu bringen, um anschließend an Land oder auf einer Seeplattform zu landen. Super Heavy ist allerdings eine Nummer größer: der Booster allein ist mit einer Höhe von ca 70 Metern in etwa so hoch wie die gesamte Falcon 9-Rakete.

Bisher sollte Super Heavy auf Landebeinen oder Kufen landen, ähnlich wie die Falcon-Hauptstufe. Auch die Idee, punktgenau auf einer dafür vorgesehenen Vorrichtung am Startturm zu landen (was Landebeine überflüssig machen würde), wurde bereits 2016 vorgestellt, schien dann aber nicht weiter verfolgt worden zu sein. Doch Musk ist bekanntlich immer für eine Überraschung gut und verkündete vor ein paar Wochen auf Twitter, man wolle den Booster nun mit dem Startturm an seinen seitlich angebrachten Gitterflossen (grid fins, diese dienen zur Steuerung beim Wiedereintritt in die Atmosphäre) "auffangen". Seitdem gibt es zahlreiche Spekulationen, wie man sich das konkret vorzustellen hat, doch da das eigentlich angekündigte große Info-Update zum Starship-Projekt letztes Jahr ausfiel, wird es wohl noch etwas dauern, bis es offizielles Bildmaterial dazu gibt.


SN9-Status

Der nächste Starship-Prototyp absolvierte am 13. Januar gleich drei Testzündungen innerhalb weniger Stunden. Anscheinend wurden dabei zwei der drei Triebwerke leicht beschädigt und mussten ausgetauscht werden. Vor dem geplanten Flug wird es daher wohl mindestens eine weitere Testzündung geben. Wann diese stattfinden wird, ist derzeit unklar. Der normalerweise ausgezeichnete Journalist Eric Berger schrieb auf Twitter, er rechne nicht mehr mit einem Start noch im Januar.

 

SN9 auf dem Testgelände in Texas (Bild: RGV Aerial Photography)


SLS-Projekt erleidet Rückschlag

Bei dem jahrelang vorbereiteten "green run"-Test für die neue Riesenrakete der NASA, das SLS (Space Launch System) hat es am gestrigen Samstag offenbar eine schwerwiegende Panne gegeben. Die geplante Testzündung am Boden sollte eigentlich über die volle Flugdauer von acht Minuten während einer realen Mission laufen. Stattdessen war nach 67 Sekunden Schluss. Die genaue Ursache ist noch unklar, es scheint aber ein Problem mit einem der vier (noch aus dem Shuttle-Programm stammenden) SSME-Triebwerke gegeben zu haben.

 

Der wichtigste Test des SLS-Projekts bislang endet mit einem vorzeitigen Abbruch (Bild: NASA)
 

Das SLS-Projekt liegt mittlerweile fast fünf Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurück und der Jungfernflug wird sich nach diesem Misserfolg wohl noch weiter verschieben. Währenddessen wird das Starship-Projekt von SpaceX immer konkreter, welches sowohl in der Entwicklung als auch im Betrieb um ein Vielfaches günstiger ist. 

Es ist nicht davon auszugehen, dass das Thema Raumfahrt für die kommende Biden-Regierung Priorität hat, aber die Chancen für ein vorzeitiges Aus des SLS-Programms, noch vor dem ersten Start, sind nach dem verpatzten Testlauf wohl deutlich gestiegen.


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