Seit Jahrzehnten gelingt es nicht, die NASA dauerhaft auf ein neues, langfristiges Ziel festzulegen. Daran wird sich wohl auch nach den nächsten Wahlen nichts ändern. Die jeweiligen Interessengruppen bringen sich bereits in Stellung.
Bei einer Anhörung vor dem Repräsentantenhaus am vergangenen Mittwoch ließ sich gut beobachten, wie schlecht es um die Langzeitplanung für das staatliche US-Raumfahrtprogramm bestellt ist. Mehrere Experten waren geladen und bescheinigten der NASA, dass ihr Vorhaben, um das Jahr 2040 Menschen zum Mars zu schicken, nicht realistisch ist. Auch die anwesenden Politiker äußerten sich entsprechend kritisch. Die NASA habe weder einen konkreten Plan noch ausreichende finanzielle Mittel, um das Ziel einer bemannten Marslandung tatsächlich zu erreichen.
Allerdings waren auch die Einlassungen der geladenen Fachleute zum Teil abenteuerlich: So zauberte John Sommerer von der John Hopkins Universität wieder einmal die berühmt-berüchtigte 500-Milliarden-Schätzung (für eine bemannte Marsmission) aus dem Hut. Diese Kostenschätzung ist bereits in der Vergangenheit von Leuten wie dem Raumfahrt-Ingenieur Robert Zubrin als völlig übertrieben und unbegründet kritisiert worden und auch SpaceX-Chef Elon Musk plant sicher nicht mit solchen Zahlen.
Auch Sommerers Einschätzung, dass es mindestens noch einige Jahrzehnte, vielleicht ein halbes Jahrhundert bis zur ersten Marslandung dauern würde, passt ganz und gar nicht zu Musks zugegebenermaßen sehr ehrgeizigem Zeitplan: Die erste SpaceX-Mission zum Mars soll 2024 starten.
Sommerer und der ebenfalls geladene Paul Spudis (ein Experte für Mondgeologie) sind offensichtlich vor allem daran interessiert, den Mond wieder ins Zentrum des US-Raumfahrtprogramms zu rücken. Spudis wies denn auch auf die angebliche Notwendigkeit hin, zuerst eine Mondbasis zu bauen, um dort Technologien für eine Marsmission zu testen. Dabei lässt er außer acht, dass zum Beispiel die Antarktis dem Mars in vielerlei Hinsicht ähnlicher ist als der Mond und als Versuchsgelände sehr viel kostengünstiger zu haben wäre. Auch die Möglichkeit, auf dem Mond aus dem dort vorhandenen Wassereis Treibstoff für Flüge zum Mars zu gewinnen wird von Befürwortern einer Marsmission schon seit Jahrzehnten als unnötige Verkomplizierung zurückgewiesen.
Tom Young (ehemaliger Leiter des Goddard Space Flight Center NASA und davor Chef von Martin Marietta) schließlich betonte, dass es der NASA an einem konkreten Plan fehle. Es brauche eine Strategie mit klar umrissenen Zwischenzielen. Ohne einen detailliert ausgearbeiteten Plan, wie das Ziel einer bemannten Marslandung zu erreichen sei, gebe es nach den nächsten Wahlen kaum Aussicht auf Unterstützung durch die neue Regierung. Auch müsse man sich für ein Ziel entscheiden: Eine Marsmission und ein langfristiger Weiterbetrieb der ISS bzw. eine Rückkehr zum Mond seien zusammengenommen nicht realistisch.
Die derzeit von der NASA favorisierte so genannte Asteroid Redirect Mission (ARM) als konkretes, relativ kurzfristig realisierbares Ziel, wurde weder von den geladenen Fachleuten noch von den anwesenden Politikern positiv gesehen, sondern im Gegenteil insbesondere von den Republikanern als überflüssig und nicht zielführend kritisiert. ARM soll mit einer unbemannten Sonde einen Felsbrocken von einem Asteroiden einsammeln und diesen dann in einer Mondumlaufbahn parken, wo er von Astronauten untersucht werden könnte.
Auch nach all der Kritik ist nicht damit zu rechnen, dass die NASA nun darangeht, einen detaillierten, glaubwürdigen Marsplan zu erarbeiten oder dass sich Politik und Fachwelt plötzlich auf ein Ziel einigen und zu einer neuen Verlässlichkeit finden werden; schließlich existiert die Problematik einer erratischen und unbeständigen Raumfahrtpolitik bereits seit Jahrzehnten, mit dem immer gleichen Ergebnis fortwährender Stagnation. Ob sich die Raumfahrtbehörde nach der Präsidentschaftswahl allerdings noch lange auf der derzeit ständig beschworenen "Journey to Mars" befinden wird, darf bezweifelt werden.
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Zeit für die nächste Ankündigung? |