Donnerstag, 18. Februar 2016

NASA plant stärkere Oberstufe für SLS

Was sich schon seit geraumer Zeit angedeutet hatte, ist nun offiziell: Der neue Schwerlastträger SLS soll früher als bislang geplant eine neue, leistungsfähigere Oberstufe erhalten.

Für den ersten, unbemannten Start des SLS im Jahr 2018 (Exploration Mission-1/EM-1) soll weiterhin eine umgewidmete Delta-Oberstufe zum Einsatz bekommen, die so genannte Interim Cryogenic Propulsion Stage (ICPS). Bislang war vorgesehen, diese auch für bemannte Flüge zu zertifizieren und wahrscheinlich nur ein einziges Mal für die erste bemannte SLS-Mission (EM-2) Anfang des nächsten Jahrzehnts zu verwenden. Da so eine Zertifizierung (human-rating) geschätzte 150 Millionen Dollar kosten würde und die Stufe danach ohnehin gegen die stärkere Exploration Upper Stage (EUS) ausgetauscht werden sollte, zieht man die EUS nun vor. Die NASA hat intern Weisung gegeben, dass alle Arbeiten für ein human-rating der ICPS mit sofortiger Wirkung gestoppt werden sollen.

Damit wäre die Block 1B-Konfiguration des SLS früher als bislang geplant erreicht. Diese könnte mit einer Nutzlast von deutlich über 100 Tonnen (in LEO) praktisch alle Aufgaben im Rahmen von bemannten Mond- und Marsmissionen erfüllen und würde die angedachte Block 2-Variante (noch stärkere Oberstufe, ca. 130 Tonnen Nutzlast) unter Umständen überflüssig machen.

Block 2 soll um das Jahr 2030 einsatzbereit sein. Ob das SLS-Programm so lange überlebt, ist fraglich.

Allerdings sieht der letzte Woche veröffentlichte Haushaltsentwurf für 2017 eine deutliche Reduzierung der Mittel für das SLS-Programm vor. Schon in der Vergangenheit hat die Obama-Regierung deutlich gemacht, dass sie das Projekt eher halbherzig unterstützt. Die NASA geht aber wohl davon aus, dass der Kongress, wie in vergangenen Jahren auch, in die Bresche springen und den Finanzrahmen aufstocken wird. Schließlich hat die neue Riesenrakete gerade unter den Kongressabgeordneten ihre größten Unterstützer in der Politik, schafft das Projekt doch Tausende von Arbeitsplätzen in deren Heimatstaaten und -bezirken.

Das Kernproblem, dass das SLS bislang eine Rakete ohne Nutzlasten und ohne Mission ist, bleibt unverändert bestehen.

Freitag, 5. Februar 2016

Mond oder Mars: Raumfahrt-Community zerstritten

Seit Jahrzehnten gelingt es nicht, die NASA dauerhaft auf ein neues, langfristiges Ziel festzulegen. Daran wird sich wohl auch nach den nächsten Wahlen nichts ändern. Die jeweiligen Interessengruppen bringen sich bereits in Stellung.

Bei einer Anhörung vor dem Repräsentantenhaus am vergangenen Mittwoch ließ sich gut beobachten, wie schlecht es um die Langzeitplanung für das staatliche US-Raumfahrtprogramm bestellt ist. Mehrere Experten waren geladen und bescheinigten der NASA, dass ihr Vorhaben, um das Jahr 2040 Menschen zum Mars zu schicken, nicht realistisch ist. Auch die anwesenden Politiker äußerten sich entsprechend kritisch. Die NASA habe weder einen konkreten Plan noch ausreichende finanzielle Mittel, um das Ziel einer bemannten Marslandung tatsächlich zu erreichen.

Allerdings waren auch die Einlassungen der geladenen Fachleute zum Teil abenteuerlich: So zauberte John Sommerer von der John Hopkins Universität wieder einmal die berühmt-berüchtigte 500-Milliarden-Schätzung (für eine bemannte Marsmission) aus dem Hut. Diese Kostenschätzung ist bereits in der Vergangenheit von Leuten wie dem Raumfahrt-Ingenieur Robert Zubrin als völlig übertrieben und unbegründet kritisiert worden und auch SpaceX-Chef Elon Musk plant sicher nicht mit solchen Zahlen.
Auch Sommerers Einschätzung, dass es mindestens noch einige Jahrzehnte, vielleicht ein halbes Jahrhundert bis zur ersten Marslandung dauern würde, passt ganz und gar nicht zu Musks zugegebenermaßen sehr ehrgeizigem Zeitplan: Die erste SpaceX-Mission zum Mars soll 2024 starten.

Sommerer und der ebenfalls geladene Paul Spudis (ein Experte für Mondgeologie) sind offensichtlich vor allem daran interessiert, den Mond wieder ins Zentrum des US-Raumfahrtprogramms zu rücken. Spudis wies denn auch auf die angebliche Notwendigkeit hin, zuerst eine Mondbasis zu bauen, um dort Technologien für eine Marsmission zu testen. Dabei lässt er außer acht, dass zum Beispiel die Antarktis dem Mars in vielerlei Hinsicht ähnlicher ist als der Mond und als Versuchsgelände sehr viel kostengünstiger zu haben wäre. Auch die Möglichkeit, auf dem Mond aus dem dort vorhandenen Wassereis Treibstoff für Flüge zum Mars zu gewinnen wird von Befürwortern einer Marsmission schon seit Jahrzehnten als unnötige Verkomplizierung zurückgewiesen.

Tom Young (ehemaliger Leiter des Goddard Space Flight Center NASA und davor Chef von Martin Marietta) schließlich betonte, dass es der NASA an einem konkreten Plan fehle. Es brauche eine Strategie mit klar umrissenen Zwischenzielen. Ohne einen detailliert ausgearbeiteten Plan, wie das Ziel einer bemannten Marslandung zu erreichen sei, gebe es nach den nächsten Wahlen kaum Aussicht auf Unterstützung durch die neue Regierung. Auch müsse man sich für ein Ziel entscheiden: Eine Marsmission und ein langfristiger Weiterbetrieb der ISS bzw. eine Rückkehr zum Mond seien zusammengenommen nicht realistisch.

Die derzeit von der NASA favorisierte so genannte Asteroid Redirect Mission (ARM) als konkretes, relativ kurzfristig realisierbares Ziel, wurde weder von den geladenen Fachleuten noch von den anwesenden Politikern positiv gesehen, sondern im Gegenteil insbesondere von den Republikanern als überflüssig und nicht zielführend kritisiert. ARM soll mit einer unbemannten Sonde einen Felsbrocken von einem Asteroiden einsammeln und diesen dann in einer Mondumlaufbahn parken, wo er von Astronauten untersucht werden könnte.

Auch nach all der Kritik ist nicht damit zu rechnen, dass die NASA nun darangeht, einen detaillierten, glaubwürdigen Marsplan zu erarbeiten oder dass sich Politik und Fachwelt plötzlich auf ein Ziel einigen und zu einer neuen Verlässlichkeit finden werden; schließlich existiert die Problematik einer erratischen und unbeständigen Raumfahrtpolitik bereits seit Jahrzehnten, mit dem immer gleichen Ergebnis fortwährender Stagnation. Ob sich die Raumfahrtbehörde nach der Präsidentschaftswahl allerdings noch lange auf der derzeit ständig beschworenen "Journey to Mars" befinden wird, darf bezweifelt werden.

Zeit für die nächste Ankündigung?


Donnerstag, 4. Februar 2016

Vortrag von SpaceX-Präsidentin Shotwell - neue Informationen zu Falcon Heavy, Startdaten etc.

Gwynne Shotwell hat auf einer Konferenz der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA zum Thema kommerzielle Raumfahrt ein paar Infohappen verteilt:
  • Die geschätzte Nutzlast der Falcon Heavy muss wohl nach oben korrigiert werden, neue Zahlen gibt es voraussichtlich noch diese Woche; cross-feed könnte doch noch implementiert werden.
  • Der Start von SES-9 ist innerhalb der "nächsten paar Wochen" geplant (das hieße dann spätestens Ende Februar, vielleicht bewahrheiten sich die Spekulationen über eine Verschiebung auf März also doch nicht).
  • SpaceX arbeitet an Verbesserungen für die Falcon 9 - auf Grundlage der Erkenntnisse, die aus der erneuten Zündung der im Dezember gelandeten Stufe gewonnen wurden. 
  • SpaceX produziert derzeit 18 Hauptstufen pro Jahr, nächstes Jahr soll diese Zahl auf 30 gesteigert werden.
  • Die Arbeiten an Startrampe 39A am Kennedy Space Center sind abgeschlossen, so dass sie nun für Starts mit der Falcon 9 und Falcon Heavy genutzt werden kann. Früher starteten von dort die Space Shuttles und die Saturn V.
  • Das bemannte Programm liegt im Zeitplan, der erste Flug ist weiter für 2017 geplant.


Luxemburg plant Rohstoffabbau im Weltraum

Das ist eine echte Überraschung: Der europäische Zwergstaat kündigt an, im großen Stil in einen noch gar nicht existierenden Wirtschaftszweig investieren zu wollen: Die Förderung von Rohstoffen im All.

Die Idee, die praktisch unbegrenzten Ressourcen des Weltraums zu erschließen, ist im Bereich der Science Fiction natürlich schon lange etabliert. Mit der gestrigen Ankündigung aus Luxemburg könnte sie ihrer Verwirklichung ein gutes Stück näher gekommen sein.

Etienne Schneider, Vize-Premierminister und Wirtschaftsminister, gab die Pläne auf einer Pressekonferenz bekannt. Ebenfalls anwesend war Jean-Jacques Dordaine, bis letztes Jahr Chef der ESA.

Rohstoffe im Überfluss, doch noch außer Reichweite: Asteroiden (Bild: DSI)

Die luxemburgische Regierung möchte ihr Land für internationale Raumfahrtunternehmen attraktiv machen, indem sie ein entsprechendes gesetzliches Umfeld für solche Projekte schafft und auch direkt in diese investiert. Laut Schneider hat man bereits Deep Space Industries für das Vorhaben gewinnen können; das 2013 gegründete amerikanische Unternehmen bekommt einen Ableger in Luxemburg. Auch sei man in Gesprächen mit Firmen wie SpaceX und Planetary Resources. Letztere ist wie DSI ganz auf die Rohstoff-Förderung im All ausgelegt und wird unter anderem von Google-Gründer Larry Page finanziell unterstützt.

Dordain wurde bereits im Juli als Berater hinzugezogen und stellte auf der Pressekonferenz die technische Machbarkeit der Pläne heraus: Alle dafür nötigen Technologien seien bereits in der Vergangenheit von den staatlichen Raumfahrtbehörden demonstriert worden, jetzt könne man daraus ein Geschäft entwickeln.

In den nächsten Monaten sollen noch ein Amerikaner und ein Chinese als Berater hinzukommen. Insbesondere die Legalität und internationale Anerkennung eines solchen Vorhabens ist nämlich ein heikler Punkt. Erst im November letzten Jahres war in den USA ein Gesetz verabschiedet worden, dass es amerikanischen Unternehmen erlaubt, Rohstoffe, die sie im All fördern, legal zu besitzen.

Bis zur nächsten ESA-Ministerratskonferenz im Dezember soll ein Finanzierungsrahmen für die neue Initiative festgelegt werden. Dann wird sich zeigen, wie ernst es der luxemburgischen Regierung wirklich ist, denn Taten sprechen bekanntlich lauter als Worte.
Dass man den Vorstoß ernst nehmen sollte, zeigt allerdings schon eine andere Raumfahrt-Erfolgsgeschichte: Der Satellitenbertreiber SES, der heute zu den größten der Welt zählt, wurde 1985 in Luxemburg gegründet.